screen
gente
stanze

Die Kunstboutique im Kunstforum

Der neue Museumsshop im Wiener Kunstforum will seine BesucherInnen nach einer erschöpfenden Ausstellung zum Entspannen und Verweilen einladen. Dieses Angebot des „architekurladens“ (Christian Ambos, Michael Anhammer) kommt bei WienerInnen und TouristInnen gut an – kein Wunder, dass es bereits Anfragen gibt, ob die jungen Architekten auch private Wohnbereiche gestalten möchten.

Im Sommer 2002 ließ das Kunstforum der Bank Austria seinen Shop zu „Wiens erster Kunstboutique“ umbauen:


Bauzeit:                        ein Monat
Kosten:                        € 100.000,- netto

Material:                       poliertes Edelstahl, frühlingsgrüne Kunstleder, wenge-furniertes Holz      
Planung:                       architekturladen - Christian Ambos, Michael Anhammer  www.sue-architekten.at

Präsentationsfläche:     155 Laufmeter + 65 Meter Postkartenpräsentation
Adresse:                      Wien 1, Freyung 8 bzw. www.kunstforum-wien.at
 

Die Vorgaben der Leiterin des Kunstforum Ingried Brugger waren vielfältig
: In den vorhandenen Räumen sollte bei mindestens gleicher Präsentationsfläche ein junger, frischer Shop entstehen, der flexibel auch für kleine Abendveranstaltungen genutzt werden kann. Auch sollte Platz für feilzubietende Kunstdrucke geschaffen werden (Zusammenarbeit mit der Galerie Hilger).  
Herausgekommen ist ein klarer und doch bequem organisierter Verkaufsraum: BesucherInnen können sich auf zwei frühlingsgrünen Couchen zum Schmökern niederlassen. In der Raummitte steht ein leicht abgewinkeltes fahrbares Bücherregal aus Edelstahl. Dieses kann flexibel im Raum positioniert werden, eine herabziehbare Projektionsfläche ist integriert. Das bunte Chaos an Büchern und Objekten in drei weiteren Regalen (eines davon speziell für Kinder) wird mit breiten grün gepolsterten Kunstlederrahmen aufgefangen. Die vertikalen Tragelemente sind auf eine Stärke von wenigen Millimetern minimiert, sodass sie visuell kaum noch spürbar sind. Die Rahmen schweben damit trotz des hohen Büchergewichts über dem Boden. Verschiedene Tabletts können flexibel in die Regale gesetzt werden - mit rauhen Fußmatten bespannt dienen sie zur besonderen Akzentuierung der Ware. Die Wandregale sind wie die Screens für Postkarten und CDs von den Raumwänden räumlich abgesetzt und hinterleuchtet. Dies gibt dem Shop auch am Abend und an trüben Tagen Leichtigkeit. Die einzelnen architektonischen Interventionen sind dabei so unaufdringlich und selbstverständlich, dass auch das ältere Publikum und die kritische Stammkundschaft des Kunstforums den Umbau goutieren.


Leider waren für eine neue Bodengestaltung und eine neue Raumbeleuchtung keine zusätzlichen Mittel vorhanden. Unverständlich ist, dass die Betreiber der „Kunstboutique“ keinen Außenkontakt zur Freyung suchen, ja nicht einmal mit Plakaten oder Hinweisschildern von der Straße her bewerben, obwohl das Geschäft auch ohne Eintrittskarten besucht werden kann. 

Die fließende Überschneidung von Postkarten und CDs in der Präsentation ist ästhetisch zwar ansprechend, nur werden die teuren CDs neben den günstigen Postkarten nicht als eigene Produktgruppe wahrgenommen.
 

Die Neugestaltung des Museumsshops sowie die kürzliche Aufstockung des Werbebudgets muss im Zusammenhang mit einer Verstärkung der Wiener Konkurrenz für den Blockbuster-Ausstellungs-Produzenten „Kunstforum“ gesehen werden (Schwerpunkt: Klassische Moderne). Das Leopold Museum und das Museum Moderner Kunst sprechen ähnliche Besuchergruppen an. Auch die Albertina wird soeben vom ehemaligen Leiter des Kunstforums, Klaus Albrecht Schröder, um- und ausgebaut.

Insgesamt konnten die Architekten die Präsentationsfläche bei der Neuorganisation des Shops um 15% erhöhen. Ob sich der Umsatz je Besucher durch die angestrebte längere durchschnittliche Verweilzeit im Shop auch im erhofften Maße steigert, wird die Zukunft zeigen. Dies wird sicherlich auch davon abhängen, inwieweit das Warensortiment überraschen kann und ob neben der weltweit erhältlichen Museumsmassenware auch eine eigenständige Linie erkennbar ist. Die gepolsterten Rahmenbedingungen sind jedenfalls vorhanden.